OLG Frankfurt a.M.: Sparkassen-Widerrufsbelehrung rechtswidrig (Urt. v. 25.04.2016, 23 U 98/15)!

In einem viel beachteten Urteil gibt nun auch der 23. Zivilsenat, wie zuvor schon der 17. Senat des OLG Frankfurt a.M., den Darlehensnehmern Recht und revidiert hier die Entscheidung des LG Hanau in erster Instanz.

Die von der Sparkasse Hanau – und von vielen anderen, nicht nur im Rhein-Main ansässigen Banken – verwendete Widerrufsbelehrung aus dem Jahre 2008 ist rechtswidrig, soweit darin Begrifflichkeiten wie „frühestens“ (im Rahmen des Fristbeginns/Fristlaufs) sowie „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ verwendet wurden und im Rahmen des Abschnitts über „finanzierte Geschäfte“ inhaltliche Abweichungen zum gesetzlichen Muster auszumachen sind. Der Senat stellt weiter fest, dass sich die Sparkasse nicht mit dem Einwand exkulpieren kann, der Abschnitt über finanzierte Geschäfte sei, da vorliegend sachlich nicht einschlägig, fakultativ verzichtbar gewesen. Entscheidend ist allein, dass die dortigen Sätze 2 und 3 nicht dem gesetzlichen Muster der Musterwiderrufsbelehrung (2004-2008) entsprochen haben.

Damit setzt sich endlich auch im OLG-Bezirk Frankfurt a.M. – in Anlehnung an die höchstrichterliche BGH-Rechtsprechung (vgl. BGH Urt. v. 28.06.2011, XI ZR 349/10) und der stringenten Rechtsprechung im OLG-Bezirk Stuttgart – eine zunehmend verbraucherfreundliche Rechtsauffassung durch. Abweichungen vom gesetzlichen Muster werden hiernach nicht toleriert, soweit die Bank wie vorliegend die Widerrufsbelehrung einer inhaltlichen Überarbeitung unterzogen hat. Die obergerichtliche Rechtsprechung kommt nun nicht mehr umhin, auch die Vorgaben des BGH in seinem Urteil vom 18.03.2014 (II ZR 109/13) umzusetzen. Inhaltliche Bearbeitungen/Überarbeitungen der Musterwiderrufsbelehrung, die nicht nur redaktioneller oder grammatikalischer Natur sind, führen nach Auffassung des Senats zur Rechtswidrigkeit der Widerrufsbelehrung.

Gleichfalls gescheitert war die Sparkasse mit dem Einwand, dass Recht der Kläger zur Ausübung des Widerrufs sei, da erst ca. 6 Jahre nach Abschluss des Darlehensvertrages ausgeübt, rechtsmissbräuchlich oder verwirkt gewesen.

Mit diesem Urteil ist nun auch für viele Darlehensnehmer/Kunden von Sparkassen im Rhein-Main-Gebiet die Chance erheblich gestiegen, ihre bis zum 10.06.2010 geschlossenen Darlehensverträge noch bis zum 21.06.2016 zu widerrufen, ohne Vorfälligkeitsentschädigung aus hoch verzinsten Darlehen auszusteigen und eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 2,5 % über Basiszinssatz der EZB auf bezahlte Zinsen geltend zu machen.

MPH Legal Services (RA Dr. Martin Heinzelmann) vertritt u.a. Sparkassenkunden bundesweit in Widerrufsfällen.

OLG Frankfurt a.M. 23 U 98-15